TRAUTSKIRCHEN – SCHWARZER ADLER – 23.12.05

Franken ruft zum dritten mal in nur 2 Monaten. Verheißungsvolle 582,2 km von Hamburg zum „Dunklen Ort“ des vereinbarten Geschehens spuckt der elektronische Tourplaner aus.

Für die Rückfahrt selbstredend genau so viel. Und dazwischen kein Schlaf, lediglich ein Konzert. Es geht sofort nach dem Auftritt wieder gen Heimat. Denn die „Heilige Nacht der Nächte“ inklusive deren Lieder steht an. Sozusagen die Lausitz auf dem Adventskalender.

Da die zu benutzende Autobahn an diesem erleuchteten 24. Dezember tagsüber erfahrungsgemäß aus allen Fahrbahn Markierungen platzen dürfte, „empfiehlt“ sich diese Hardcore Tour wider Willen. Denn die Lieben daheim sollen zumindest an diesem Wochenende im vollen Umfang zu ihrem Recht kommen. Weihnachten ist nun mal generell Streß, um nicht zu sagen, ein Synonym dafür.

So weit, so fragwürdig, fahren wir gegen 11 Uhr morgens erst einmal los. Im 5-Sitzer, klein, aber schnell. Minimale Fläche für Mensch und Musikutensilien. Eingezwängt und vollgestopft bis unter das Dach.

Die Fahrt verläuft mit Hardrock Untermalung wie üblich zwischen Stau, Regen und Schnee an der bayrischen Grenze im gewohnt normalen Rahmen.

Bis auf einen ebenso gehässigen wie renitenten „Polo“ Fahrer. Das originelle Spielchen namens „nicht Überholen lassen“ in sämtlichen Facetten. Das kleine, miese Ferkel lebt nur noch, weil wir an diesem Tag ausnahmsweise keine Flak oder Handgranaten mit an Bord haben.

Dafür allerdings den ersten Trailer in der noch jungen Bandgeschichte. Letztlich will das ORR – Onkelz Rock Radio – bemustert sein. Zwischen den angespielten Liedern moderieren Ronnzo und Herr Krassmann in allerbester Dieter Thomas Heck Manier, nur humorvoller und etwas lässiger, das Produkt „dassdieerste“ und den Release in Bremen am 30.12.2005.

Daß zwischen „Smash“ und „Schmesch“ Hits zumindest sprachlich ein gewaltiger Unterschied besteht, muß ein hier nicht genanntes Bandmitglied unter Schenkel klopfendem Gelächter grinsend erfahren.

An einer Tanke füllt sich ein unbekannter Autofahrer Sprit ab, um dann klammheimlich zu verduften. Wir „Scheißen und Fressen“ zwar, zapfen aber nicht. Trotzdem: 3x werden wir verdächtigt und dementsprechend befragt. Die sinngemäße Antwort: Wir saufen Terpentin, aber klauen kein Benzin.

Herrjeh, diese schrägen, ungläubigen Blicke eines Tankwarts aus nahöstlichen Gefilden..

Finsternis breitet sich aus während wir tief verschlafene Dörfer durchqueren. Selbst in „Schußbach“ scheint die Munition ausgegangen zu sein, es ist totenstill. Dafür aber exzessiv kurvenreich, so daß die Fliehkraft Erinnerungen und an wagemutige Karussell Fahrten aufkommen läßt.

Leicht schwindelig erreichen wir Trautskirchen und den Gasthof „Schwarzer Adler“. Hierher ist das Konzert verlegt, weil es im seinerzeit vorgesehenen Nürnberger Löwensaal Irritationen um die Gastronomie gegeben hat.

Ob das ein guter Deal ist? Die Hütte ist für ca. 450 Leute ausgelegt, aber mehr als reichlich flach. Das Schlagzeug endet dann auch kurz unter der Decke. Platz für das ENKELZ Banner ist demzufolge nicht vorhanden. Außerdem sind im Gemäuer große Flächen mit Keramik verkachelt und direkt in Kopfhöhe des Trommlers ziert eine Watt intensive Einheit mit Lichtstrahlern die Rückwand. Das läßt üble Befürchtungen an die später zu erwartende Luftqualität aufkommen.

Außerdem ist der Backstage Bereich am entgegengesetzten Ende der Bühne, die Bande darf also mindestens 4 mal durch die Meute und den gesamtem Saal latschen. Na, das wird „lustig“.

Der Service ist gut, alles Benötigte steht ohne große Nachfragen sofort zur Verfügung.

Herr „Merch“ and Frau „Ising“ werden an die Wand gehängt und die restlichen ENKELZ Pretiosen zum Verkauf ausgelegt. Leiter des Souvenier Standes ist heute Nacht Marc, ein integerer Freund und Mitarbeiter unseres Vertrauens.

Besuch erscheint reichlich und die Garderobe mutiert flugs zu einer Art Privat Party größeren Umfangs. „Satans Offiziere“, seit Gerolzhofen unsere BO(Ko)llegen sowie eine umfangreiche Abordnung des BOSC stehen auf der Matte.

Die Offiziere haben noch sehr persönliche Geschenke mitgebracht, einen Kasten Bier (1/2 Liter Flaschen, immer VOLLE Pulle) aus ihrem hiesigen Geschmacks Repertoire und... eine handgemachte, real in Heimarbeit entstandene Neuanfertigung des irgendwann abhanden gekommenen Nummer E.I.N.S. Symbols der Band: Eine Zipfelmütze aus gewobenem Stoff in Tarnfarben Muster. Irgendwo zwischen martialischer Wehrmacht und mandeliger Weihnacht. .. Individuell und Grandios.

„La Cerveza Ultima“, kredenzt von Ralf W., komplettiert unsere Getränke Palette auf höchstes Hopfen- und Malz Niveau.

Die Band sicher zur Bühne zu geleiten gerät zum Slalomlauf durch die bestens gefüllte Hütte. Der erste Set läßt wiederum keinerlei Wünsche offen und nach etwas über einer Stunde bahnen wir den komplett verschwitzten Jungz erneut den Weg durch die Masse, dieses mal in die andere Richtung.

Backstage gilt es erst einmal, einigen Gästen unmißverständlich klar machen zu müssen, daß unsere Garderobe keine Alternativparty für Freunde und Bekannte sein kann... Bei aller Begeisterung, Dankbarkeit und Sympathie Für- und Untereinander: Regeneration und Konzentration ist angesagt. Im Sinne der Sache, NICHT aus Eitelkeit.

Der neuerliche Weg der Bande zur Bühne artet in eine absolut anormale Abart eigenwilligen Eiertanzes aus. Es geht sich wie im rutschig schmierigen Schneematsch. Schlidderndes Schleichen ist angesagt, denn der gebohnerte Holzfußboden ist klitschenaß. Alles tropft und trieft trostlos Tränen artig. Die Decke, die Wände..., schwülstiger Schweiß und kochendes Kondenswasser. Frischluft als Fremdwort.

Der zweite, längere und von den Liedern her auch dynamischere Set mutiert langsam aber sicher zur kompletten Absage an einen halbwegs lebensbejahenden Sauerstoffgehalt.

Muskeln übersäuern, Körper eigenes Salzwasser sammelt sich in den Augen, die Luftfeuchtigkeit erreicht spielend 100% und die ausgelegten Setlisten kringeln sich entsprechend grotesk zu gedellten Papier Schrumpfungen außerhalb jeglicher DIN A sowieso Norm mit absonderlich, verwaschenen Hieroglyphen, da die Farbe des Druckers leider nicht Wasserfest ist.

Der Trommler leidet am meisten. Die Pedale für Hi-Hat und Bass Drum müssen diverse male vom Schweiß abgewischt werden, damit die betätigenden Schuhsohlen nicht permanent abschmieren und der Ausgedörrte ins Leere tritt.

Der Verfasser dieser Zeilen wird noch auf die Bühne gebeten. Jubiläum: Ein Jahr mit den ENKELZ. Ho Jooh, und ´ne Buddel voll Rum!. Nette, gar nicht böse Worte und ein individuelles T. Hemd runden die so schnell verflogene Zeit in gegenseitiger Dankbarkeit harmonisch ab.

Die Bande geht an die ultimativen Grenzen der physischen Belastbarkeit und gibt – sehr zur Freude der tobenden Meute – ALLES. Inklusive Zugaben, allerdings mit einigen zeitlichen Unterbrechungen. Leihweise Luft in lädierte Lungen lassen, liebe Leute!

Spaß beiseite: Krid stand ganz kurz vorm Kollaps und war auf locker geschätzte 50 Grad Celsius überhitzt. Radikal röchelnd, heftig hechelnd und mit wackeligen Knien.

Nur als schrullig schräger Schlittschuhlauf kann der vierte und letzte Gang durch die Pfützen in den „heimischen“ Bereich tituliert werden.

Befürchtung: Müssen die nicht verkauften T. Hemden in den Wäschetrockner?

Später stehen wir vor der „Lokation“ und verspüren die Temperaturen um Null Grad als gütiges Geschenk eines heilenden Himmels. Inmitten uralter Gebäude findet sich ein ansehnlicher Trupp von Fans, Freunden und sonstiger Beteiligter, durchsetzt mit Hamburgern (im geographischen Sinne) zur ca. 1stündigen Revue der Nacht. Die ENKELZ CD läuft im Band „Bus“ und mit reichlich Neid bedenken wir unausgesprochen Diejenigen, deren Heimfahrt unter 2 Stunden liegt.

Wir fahren davon und sind nach ca. 24 Stunden wieder in Hamburg. Man gönnt sich ja sonst Nix. Heilig-Lujah.

Knutzen