GEROLZHOFEN – GEODROM 22.10.05

Die beiden Hamburger Konzerte von Marius Müller-Westernhagen fallen wegen „Krankheit“ des Künstlers aus. Zutiefst traurig, deprimiert und den Tränen nahe geben wir unsere Karten zurück und entschließen uns spontan, doch noch nach Oberfranken zu fahren. (Har Har Har)

Pünktlich 9.30 Uhr wird das Equipment in unseren Lieblings LKW eingeladen. Alle wieder in einem Gefährt, förderlich für Kommunikation und die ohnehin reichlich vorhandene Gruppendynamik. Noch schnell ein ENKELZ Plakat gut sichtbar hinter das große Fenster geklebt und los geht´s.

Den ersten Brüllwitz hält die Hamburger Morgenpost unfreiwillig noch vor den Elbbrücken für uns bereit: Unter Plan 7, Spielecheck lautet die Überschrift doch tatsächlich: „Willis wilde Wühlerei: An die Eicheln, Fertig, Los!“ Das ewig aktuelle Motto für Groupies! Ist glatt ein T-Shirt wert. Natürlich mit dem besagten Balken oben drüber.

Mächtig „Tam Tam“ dann bei einem Stop an einer Raststätte in Höhe Laatzen. 2 Ehepaare und ein Bubi umschleichen das Bandgefährt mit großen Augen und fragen voller Neugier, ob wir die Band sind, die die Lieder der Böhsen Onkelz so toll spielt. Die älteren Söhne sind Hardcore BO Fans und haben beide Familien nachhaltig onklifiziert. Bubi Yannik berichtet voller Stolz und Hingabe über die Eindrücke seines großen Bruders beim BO Konzert auf der Loreley.. Autogrammkarten mit persönlicher Widmung werden verschenkt und Bubi Y. ist glücklich. Ebenso der aus seiner Kachelbude heraus geeilte WC Abkassierer. Als Krid erfährt, wer das ist, beklagt er in bester Dagobert Manier die 50 Cents, die er vor knapp 2 Minuten für´s Pinkeln geblecht hat.

Darauf hin, wieder in Fahrt, folgt ein reger Gedankenaustausch über den Sinn und Unsinn von vollen Blasen bei längeren Autofahrten....

Nach Hamburg, Niedersachsen und Hessen kommen wir nun in Eddie Stoiber´s Homeland an. Die Kirchturmspitzen tragen jetzt zwar überwiegend Zwiebelhüte aber die regionalen Radiosender sind allesamt überregional auf gnadenlos peinlich gleichgeschaltet. Zum vierten male der neue „Hit“ von der noch leibhaftigen Madonna, die derartig schamlos ABBA abkupfert, daß wir uns fragen, ob die Tante überhaupt noch was merkt.

Mitten im katholisch madonnenhaften Einzugsbereich hegen wir trotzdem keinerlei Ängste, daß wir Weihwasser saufen und Kruzifixe tragen müssen. Ist der Veranstalter doch BOSC Mitglied und auch Ralf Werner inkl. seiner uns bestens bekannten Crew wird vor Ort sein. Und daß die auch ohne „Aqua pa(p)storale“ feiern können, wissen wir definitiv schon länger.......

Wir treffen direkt vor der G.hofener Kirche Marc E.I.N.S., der seit unserem Januar Gig in Düsseldorf zum ständigen Begleiter, Mitarbeiter und Freund geworden ist. Marc und Hansi vom D`dorfer „Zwitscherstübchen“ überreichen jedem aus unserem Troß eine Flasche Hopfen/Malzgetränk über die jeweils ein Mini T-Shirt mit dem Aufdruck ENKELZ gestülpt ist... Salute fashionablos petitos.

 

Ein paar Sombrero Träger zeigen uns, daß wir am Ziel sind. Das Innere der Halle ist durch schwarzen Stoff (Sorry, Freunde, kein Dope sondern Molton) ca. in der Mitte unterteilt. Riesige Bühne, hohes Podest für Kriddens Schießbude, technisch für Akustik und Optik bestens ausgestattet. Die integrierten Tresenlandschaften, dezente Emporen für´s Publikum (spätere Stolperfallen) und der hölzerne Gesamtaufbau an der Rückwand der Kathedrale lassen die für Hallen sonst übliche Kälte gar nicht erst aufkommen. Der Soundcheck ist nach 5 (in Worten fünf!!) Minuten zur Zufriedenheit Aller beendet. Holger mit „H“ (nur als Buchstabe) wie Halbgott für Hamburg.

Als Support legen die Lokalmatadoren „Satans Offiziere“ los. Was sich so höllisch martialisch und gänzlich unchristlich anhört, entpuppt sich schnell als Combo mit hohem Pegel an (Selbst)Ironie und einem noch höheren Spaßgehalt. Freundliche und humorvolle Charaktere mit ausgeprägter Authenzität zu den ganz frühen BO Liedern. Allein deren Bühnen Outfit ist der Hammer. So ein wenig JBO swingt da aus unserer Sicht auch mit... Wir freuen uns jedenfalls, daß die Jungz bestens ankommen und der Spirit untereinander angenehm und kommunikativ ist.

Zwischendurch noch ein Anruf von Soundmixer Holger. Er sei 75 Kilometer entfernt bei einem „Sound Notfall“, beeile sich aber, daß er rechtzeitig zurück sei... Hanseatische Kötel fallen zwar nicht unbedingt schnell in die getragene Unterwäsche, aber „a weng“ Nervenflattern kommt schon auf, wenn der Maestro der Töne im Höllentempo durch Frankens Nacht brettert.

Ralf W. hat dankenswerter Weise noch einen Teil der Lausitz Dekoration mitgebracht und so schmückt die „25“ für ¼ Jahrhundert BO, flankiert von „den Engeln in Skelett“ das Bühnenbild vorm Drumraiser. Für die zu erwartenden „frommen Lieder“.

Holger „Highway-Raiser“ trudelt rechtzeitig ein, wird begrüßt wie seinerzeit Franz Josef Strauß beim CSU Parteitag und pünktlich 21.30 Uhr beginnt ENKELZ Set Nr. 1 mit den beiden „neuen“ Liedern „Laßt es uns tun“ und „Noreira“. Es folgt „Guten Tag“ und spätestens nach dem wiederum überirdischen Finalsolo von Ronnzo weiß die bis dato unbeleckte Meute genau, wo der Bartel seit 2005 den BO Most holt.

„Ich bin in Dir“ – harte Version – mutiert sinngemäß zu „Wir sind in Euch“ und die Meute dreht gewaltig am Rad. Bei „MTV“, dem letzten Lied vor der Pause, geht der Pogo in einem Maße ab, daß das Mischpult regelrecht schaukelt und bedenklich verschoben wird. Ein Königreich für Absperrgitter.

Set 2 kurz nach Mitternacht hält das Stimmungslevel von Anfang an mühelos. In der „Stunde des Siegers“ ist Achimos Gesang am Mischpult nicht mehr zu hören, die Meute übernimmt das Kommando in Sachen Dezibel eindrucksvoll. Beim nachfolgenden „Wir ham noch lange nicht genug“ beginnt der Chor der Entrückten wie üblich eine Strophe zu früh, jedoch ist an des Sängers Lippen zu erkennen, daß sein Einsatz passend zum Original stimmt.

Seit dem ersten Auftritt der ENKELZ am 12.11.04 passiert beim 16. Gig der Band heute Nacht etwas bis dato Einmaliges: Die Meute ist derartig hingebungsvoll von der Show beseelt, daß DAS EINE, immer über Allem schwebende, glatt vergessen wird, nämlich MEXICO zu fordern!!!! Daß der Evergreen ohne vorherige Ankündigung dann ins Geodrom reinbrettert wie Ede Wolf in den Schweinchenstall ist verbürgt. Bier, Tequilla und Dynamit! Wir zermürben unser Publikum durch permanentes Liederspielen.

Ein durchaus nicht bierseliger böhser Bub´ aus der Meute macht seiner angebeteten fränkischen Senorita von der Bühne einen Heiratsantrag, den die Holde gerührt – nicht geschüttelt – glückselig mit „Jaaaaa“ beantwortet. Das ist schon das zweite Mal und wir fragen uns später, ob ENKELZ Ehen Bestand haben werden oder wir die Scheidungsrate in ungeahnte Höhen schrauben..?..!..„Auf gute Freunde“, wie immer fest plaziert im Zugabenteil, wird unter Anderem zum Tribut an fränkische Trinkgewohnheiten: Die „Offiziere“ sind mit auf der Bühne und geben den ENKELZ die Gewißheit der Einheimischen, daß ALLES gepaßt hat. Danke an ALLE, die diese Nacht mit gestaltet haben. Und das sind ca. 1.400 Infizierte, die das Feiern seit der Lausitz nicht verlernt haben.

Über den Rest der Nacht hüllen wir – da nichts erwähnenswert „Spektakuläres“ passiert ist – den Deckmantel des Schweigens.

„Am Morgen danach“.. so gegen 11.30 Uhr beim Frühstück in der Pension „Zur Schwane“ sitzen mit uns ca. 1 ½ Dutzend weit gereiste BO/ENKELZ Gläubige im gleichen Raum. Die Neuzeit gemäß allgegenwärtig präsenten Handy Klingeltöne zerstören zwar generell die Lust, ein Frühstücksei mit konzentrierter Akribie, Inbrunst und Wonne regelgerecht zu köpfen (symbolisch für die beiden bekannten Eierkopf Bands), fördern aber an diesem Morgen den Schmunzelfaktor erheblich. Denn... die geklingelten Melodien sind Teil eines Lebensgefühls zwischen „28“, „Heilige Lieder“ und „Wir Ham Noch Lange Nicht Genug“.

Wir auch nicht. Wir fahren nach Hause und lassen von uns hör´n. Garantiert.

Wir Danken Franken.

 

Knutzen