DEMMIN / WALDBÜHNE 05.08.06

Demmin, Demmin, wir fahren nach Demmin!

Und bleiben ausnahmsweise mal im Norden. Fahrtrichtung querab Steuerbord über Rostock Richtung Stralsund, immer parallel zur Ostseeküste im plattdeutschen Sprachrevier von Mecklenburg-Vorpommern. Ne leichte Prise salzige Brise inklusive. Besser is´ das!

Initiator dieses Auftritts ist ein Mitarbeiter der örtlichen Kulturbehörde in Zusammenarbeit mit der Stadt Demmin. So „unanrüchig“ offiziell geht es also auch. Alle Achtung.

Unter dem Motto „Das Gras ward brauner, der Schweiß floss schneller“ passieren wir nicht mehr unbedingt richtig lebendig wirkende Landschaften. Sonnenkönig Hitze hat unter der Regie des Sahara Julis auch hier fast die gesamte Vegetation versengelt, nahezu alles ehemals Grüne präsentiert sich mittelschwer verdorrt.

Jedoch ist heute „Grau“ die dominierende Farbe, es sieht nach Regen aus. Kippen schnippen zumindest theoretisch wieder erlaubt.

Die Laune ist prächtig bis kaputt kreativ albern im allgegenwärtigen Sinne des real existierenden Kosmos Entenhausens. Wir theoretisieren, schwadronieren und spekulieren ernsthaft über die sicherlich mannigfaltigen Vorzüge der von Daniel Düsentrieb noch zu kreierenden Vorzugs-Limousinen für Rock Kapellen anhand der Ergebnisse seiner bisherigen Erfindungen aus der Phase als Anarchopunk, in der bisweilen ganze Straßenzüge arg zerdeppert, angefleddert und Rauch verhangen auf der Strecke geblieben sind…

Wie von König Zufall inszeniert, als krönendes Moment einer optimal getimten Situationskomik dieses herrlichen hehren Schwachsinns taucht es dann – kein Seemannsgarn – urplötzlich im schönsten Schnabel-Gelb vor uns auf: Das Ortsschild DUCKWITZ, sozusagen als symbolische „Anerkennung im Geiste von Erasmus Erpel“ für eben diese Witze über die Ducks. Schwer angeduckt durch diesen unerwarteten Brüllwitz bebt die Bandkarre dank etlicher Lachsalven Stakkatos erheblich.

Das Schenkelklopfen will gerade abebben, als der nächste radikale Angriff auf die überstrapazierten Lachmuskeln abgefeuert wird. Die akustischen Aufforderungen des Navigationssystems zur Zielfindung kommen von Mr. Spuk vom, äh… Raumschiff Blenderscheiß oder so ähnlich.

„Bulli“ M. Herbigs Stimme ist, als vage schräge Assoziation, die Mischung eines vollgekifften Helmut Kohl und einer turkmenischen Trümmertucke. Ein außerirdisches gequäktes „rächtz appick´n“ und „Pitte krateousfahn“ schießt wiederum massiv Salzwasser aus den Rändern der Augapfelaufhängung. Eine Entlastung der Tränendrüsen ist dank „Bulli“ im Bulli z. Zt. ausgeschlossen.

Ein riesiges, über die Straße gespanntes ENKELZ Banner mit dem Hinweis der Veranstaltung nötigt den ersten Respekt vor den Organisatoren ab.

Wir trudeln neben einem malerischen Kleinhafen an der Peene in Demmin ein. Übrigens Hansestadt – man lernt ja nie aus – denn lt. den hiesigen Nummernschildern der Autos ist das nicht erkennbar. Ist Hans Eufer der Namensgeber vom Hanseufer?

Die Waldbühne ist derartig massiv umwaldet, daß wir zwar den namensgebenden Wald dank lauter Bäumen nicht verfehlen können, aber einige male bühnenreif die Anfahrt zur Bühne kreisverkehrmäßig umkreiseln ehe wir am Set auftauchen. Rundfahrtshausen grüßt den Bassisten. ..

Der Ort gibt sich malerisch beeindruckend als eine abgeschlossene Welt für ca. 2000 Tausend Menschen mit massiver, alles umrahmender Flora. Die große, überdachte Bühne ist der tiefstgelegene Punkt eines moderat ansteigenden Viertelkreises für die Infizierten, so in Anlehnung an ein Freilufttheater aus der Antike. Eine absolut angenehme Atmosphäre. Entspannend auch die Tatsache, daß Licht und Ton von zwei uns bereits bekannten Firmen aus der Region gestellt werden. Außerdem ist Generalintendant P. T. bereits vor Ort. Es kann folglich nichts schief gehen.

Backstage ist heute Backhouse, oder besser formuliert, ein separates, gemütliches Backsteinhaus. Optimal aufgefüllt mit Allem, was so gebraucht wird. Abschließbar, mit eigenen WC´s etc., alle Achtung die Zweite.

Der Check des Bühnensounds ist – gelinde ausgedrückt – nicht unbedingt die einfachste Übung vor einem ENKELZ Konzert. Die elementar wichtige Voraussetzung des „Sich gegenseitig im abgestimmten Maße Hören Können“ ist für die Spielfreude der Bande unabdingbar notwendig und zugleich Grundvoraussetzung, das Publikum qualitativ optimal bedienen zu können.

Dieses Prozedere ist bisweilen als massiv zeit- und auch nervenaufwendig zu titulieren. Gut Ding für die Beteiligten will halt Weile haben.

Wenn dann nach erfolgreichem Abschluß dieses Tests Herr Krid den Toningenieur um ein „Ejakulationsschälchen“ bittet, kommt das einem – zwar flapsig formulierten – aber symbolischen Ritterschlag gleich.

Noch vor dem exzellenten Abendessen wird unser Finanzminister Ronnzo M.(onetarius, mit integriertem „Z“ wie Zaster) höflich gefragt, ob er bereit sei, die vereinbarte Gage bereits schon jetzt in Empfang zu nehmen… Uns schlackern die Ohren für Alle Achtung, dritter Teil.

Draußen spielt sich indessen ein akustisch leicht mystisches Szenario ab. Seltsam vertraute Klänge aus einer fremden Welt dringen zwischen Regenschauern und grauest aufkommenden „Noch Mehr Grau“ an unsere Ohren ohne die Quelle der Intonierung ausmachen zu können.

Des Rätsels Lösung ist ungewöhnlich. Michael, genannt „Biene“ von der heutigen Vorgruppe „Red Ink“ meditiert sich mit seinem Didgerido, dem charakteristisch, charismatischen Instrument der Aborigines (Australiens Ureinwohner) auf die kommende Show ein.

Gibt´s heute Folkmusik vorweg? Mitnichten Leute, im Gegenteil! Die Jungs, Heimathafen Demmin, spielen tanzwütigen, brachialen Trashcore der Marke „Kollision von Bulldozern trifft Stahlgewitter“. Mit ehrlichen deutschen Texten, musikalisch und in der Performance mit physisch spürbarer, roher, unverfälschter Energie perfekt auf den Punkt gebracht.

Der überaus engagierte Auftritt des Sextetts nötigt Respekt ab. Zwischen Staunen mit offenem Mund, oder – wie bei Herrn Krid und dem Verfasser dieser Zeilen – mit ausgiebigen Headbangen am idyllischen Waldesrand.

Aber auch mit gehöriger Wut im Bauch auf die deutsche Medienlandschaft. Die Truppe hat bereits vier(!) CD Veröffentlichungen am Start, die kein überregionaler Radio- oder TV Sender in irgendeiner Art und Weise promoted oder unter´s Volk bringt.

Wird es den ENKELZ genau so ergehen? Schande über die weich- und seicht spülenden, degenerierten Dussel Deppen an den Reglern feiger, trivialer Sendestationen ohne Mut zum Rock´n Roll in allen Variationen.

Die Ankündigung „Red Inks“ für den anstehenden ENKELZ Auftritt ist ebenso geläutert wie Achimos „aus dem Bauch raus“ Dankesrede an den Support.

Der düster verregnete Tag, bzw. das permanent vorhandene Gefühl, daß Trockenphasen eh nur von kurzer Dauer sein können, kostet selbstredend etliche Zuschauer. Trotz Petrus` permanent penetranter Pinkelarie werden ca. 700 Infizierte die nächsten 3 Stunden voll bedient.

Ein bunt gemischtes, absolut friedliches Publikum unterschiedlicher Altersklassen swingt, singt, pogt und umärmelt sich in allerbeste Feierlaune, um überaus textsicher der hemmungslosen Lust einer typischen BO Party neuerer Zeitrechnung zu frönen. Die Synergien funktionieren wieder einmal einwandfrei, jede/r hat seinen/ihren maßgeschneiderten, individuellen Spaß anhand der „Sache“.

Auch als „Mr. Teufel im technischen Bereich“, Achimos vermaledeites „In Ear (oder Ihr) Monitoring“ mal wieder den offensichtlich gewohnheitsmäßigen Firlefanz in Form eines abermaligen Aussetzers für sich beansprucht.

OK, Technik Teufel, fick Dich ins Knie, die nunmehr instrumental reduzierte 3er-Bande spielt sich losgelöst weiter in die spontan improvisierte „Waldbühnen Jam“. Dankbar von der Meute angenommen und die allseits spürbare gute Laune eher noch fördernd. Es bringt einfach nur uneingeschränkten Spaß….

7 ½ Minuten eben dieses Spaßes mit einem ausführlichen Interview des Veranstalters zum Thema ENKELZ werden vom Peene TV aufgezeichnet und in die regionalen Fernseher gerockt. Sobald die urheberrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung durch die allseits präsente (soll heißen: gnadenlos geldgeile GEMA) in trockenen Tüchern ist, wird es einen entsprechenden link zum ersten Fernsehauftritt in der Geschichte der Bande unter unseren „NEWS“ geben.

Ansonsten danken die ENKELZ ausnahmslos ALLEN Beteiligten dieser absolut perfekt organisierten Veranstaltung. Einer in jeder Hinsicht vorbildlichen Security (das auf eigenes Bitten signierte Poster ist mehr als gerechtfertigt), einer objektiven, ausführlich berichtenden Presse fernab von bösartig verleumderischer Voreingenommenheit eines trostlosen Schmierfinken a la Rhein Neckar Zeitung, den Verantwortlichen im Rathaus für die Bereitschaft, sich trotz anfänglicher Bedenken zu informieren und sich eines Besseren belehren zu lassen und speziell Jürgen A., der all dieses ermöglicht hat. Zur Nachahmung unbedingt empfohlen!!!

Unsere Pension in Co-Operation mit einem Sonnenstudio nennt sich St. Gau. Größter Anzunehmender Unfall?

Keinesfalls. Eher „Gerne Auf Unbegrenzt“.

Knutzen